Am 31.10.2024 haben wir unsere Kunden über eine Preiserhöhung informiert, welche uns am 30.09.2024 durch unseren bisherigen Rechenzentrumsdienstleister FirstColo übermittelt wurde. Die Preiserhöhung war so signifikant, dass ein Weiterbetrieb der Server im Rechenzentrum der FirstColo nicht mehr möglich gewesen wäre, ohne die Preise für unsere Kunden signifikant zu erhöhen. In einem gemeinsamen Meeting mit unseren Mitarbeitern und in Rücksprache mit unseren Finanzdienstleistern haben wir daher die Entscheidung getroffen, nach über 17 Jahren Geschäftsbeziehung mit der Accelerated/FirstColo GmbH den Rechenzentrumsstandort aufzulösen und einen neuen Partner für den Weiterbetrieb unserer Infrastruktur zu beauftragen.
Da wir als IP-Projects sehr viel Wert auf Transparenz legen, möchten wir im Folgenden viele Details und Insides zu unserem Rechenzentrumsumzug der letzten 5 Monate geben.
- Historie Standort FirstColo
- Entscheidungsgrundlage Dienstleisterwechsel
- Umzugsvorbereitung & Flächenvorbereitung
- Umzugsphase
- Neue Produkte
- Partner & Lieferanten
- Fazit
Historie Standort FirstColo
Die ersten Server von IP-Projects wurden 2007 für den Betrieb von Webhosting Produkten bei der Firma Core-Backbone in Nürnberg gemietet. Um neben Webhosting Produkten auch Gameserver und Dedicated Server anbieten zu können, haben wir einen Dienstleister gesucht, welcher IP-Adressen im Netzbereich 84.xxx.xxx.xxx verwaltet und zudem Mietserver- und Colocationfläche anbietet. Die IP-Bereiche waren damals sehr wichtig aufgrund eines IP-Listing-Verfahrens innerhalb des Gaming-Portals Steam, sodass die vermieteten Gameserver immer ein hohes Ranking in den Serverlisten erzielen konnten.
Nach einigen Recherchen konnten wir damals die Firma Accelerated GmbH in Frankfurt ausfindig machen. Damals war Accelerated selbst noch im Rechenzentrum der NewColo GmbH eingemietet.
Seit des Umzugs der Server in das damalige Accelerated GmbH Rechenzentrum war IP-Projects ein stetiger Wachstumstreiber. Bis zum Zeitpunkt des Auszugs und trotz Erschließung weiterer Rechenzentrumsstandorte in den letzten 4 Jahren, umfasste die gemietete Fläche 43 Towerregale (Kapazität für 1.290 Server) und 27 47-HE Racks. IP-Projects war damit bis zuletzt einer der größten Flächenmieter der FirstColo am Standort Werkhaus.
Entscheidungsgrundlage Dienstleisterwechsel
Bereits seit einigen Jahren arbeiten wir auf die Auflösung des Standorts FRA4-FirstColo hin. Dies begründet sich hauptsächlich in den besseren Konditionen anderer Dienstleister am Markt bei höherer Carrier Dichte sowie Gebäude- und Sicherheitsstandards. Dafür haben wir bereits vor 4 Jahren ein eigenes Routing in Frankfurt mit drei PoP Standorten aufgebaut. Um unsere eigenen Kunden daher nicht im Wachstumspotential zu beschränken, haben wir frühzeitig weitere Rechenzentrumsstandorte erschlossen und neue Server, meist an unseren hoch zertifizierten Standort FRA1-NTT, bereitgestellt. Dieser Standort umfasst mittlerweile 66 Racks, welche exklusiv für IP-Projects bereitgestellt werden.
Durch unsere Verlagerung des Wachstums und die damit verbundenen besseren Konditionen, war unser Wachstum langfristig rückläufig und eine Auflösung des Standorts FirstColo war bereits in den nächsten 2 Jahren in Planung. Hier kam uns allerdings die Preiserhöhung durch FirstColo zuvor. Ein Akzeptieren dieser Preiserhöhung hätte daher deutliche Mehrkosten bedeutet, bei parallel hohen Umzugskosten über zwei Jahre.
Gemäß unseres Mietvertrags tritt die Preiserhöhung allerdings erst nach 6 Monaten in Kraft und wir können dieser innerhalb von 4 Wochen widersprechen, sodass ein Auszug aus FirstColo innerhalb von 6 Monaten realisiert werden musste. Um eine Entscheidung treffen zu können, haben wir daher drei wichtige Faktoren bewertet:
1. Ist ein Auszug zeitlich realistisch und können uns alle Lieferanten rechtzeitig mit den dafür notwendigen Leistungen beliefern? (Lieferfähigkeit unserer Lieferanten)
2. Haben wir ausreichend Kapital um einen Auszug zu realisieren? (Finanzkraft)
3. Können wir ausreichend Mitarbeiterkapazitäten temporär aufbauen, um die Umzugsphase zu leisten?
Diese Punkte konnten im Oktober 2024 geklärt werden, um darauf eine Geschäftsentscheidung für IP-Projects aufzubauen.
Gemeinsam in einem Meeting mit unseren Mitarbeitern und Partnern haben wir beschlossen, den Standort FRA4-FirstColo aufzulösen und der Preiserhöhung zu widersprechen.
Für diese Entscheidung haben im Wesentlichen folgende Aspekte beigetragen:
- Es ist für unsere Kunden nicht zumutbar, nach der Energiekrise im Jahr 2023 weitere
Kostensteigerungen in diesem Umfang aufzuerlegen. Unser Ziel ist es unseren Kunden bestmöglichen Service und
Stabilität zu bieten und dafür ist es wichtig unsere Services auf Partner zu stützen, die uns über
Jahre hinweg Preisstabilität garantieren. Die Verträge mit unserem neuen
Rechenzentrumsdienstleister sichern uns diese über 5 Jahre ab. - Im Hinblick auf das neue Energieeffizienzgesetz der Bundesregierung für Rechenzentren in
Deutschland treten in den nächsten Jahren neue Regelungen in Kraft, die den Weiterbetrieb von
Servern in Tower Gehäusen erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen werden. - Mit dem Umzug der Server auf eine neue Colocationfläche können wir eine vollumfängliche
Erneuerung unserer Netzwerkinfrastruktur durchführen. Gerade in den Monaten vor dem Umzug kam es
immer wieder zu Switch-Defekten, welche zu Ausfällen einzelner Kunden geführt haben. Wir
haben so die Möglichkeit die neue Colocationfläche mit komplett neuer Netzwerkhardware
auszustatten und das Netzwerk Design zu vereinheitlichen. - Durch den Umbau der meisten Towerserver auf Rack Gehäuse erhöhen wir die Redundanz und
Verfügbarkeit der einzelnen Server. Ebenso wird eine Vielzahl von Servern vollständig ersetzt und
somit Altlasten bereinigt. - Verhinderung eines „Lock-In“ Effektes bei einem Rechenzentrumsdienstleister durch den Wechsel
auf Rack Gehäuse.
Umzugsvorbereitung & Flächenausbau
Um die Geschäftsentscheidung im Oktober treffen zu können, wurde über einen Monat hinweg eine vollständige Bedarfsanalyse durchgeführt. Der Fokus dabei lag auf der Ermittlung der benötigten Colocationfläche und dem Erstellen eines Meilensteinplans. Der Meilensteinplan wurde mit unseren Zulieferern abgestimmt, sodass nach unserer Geschäftsentscheidung im Oktober ab 25.10.2024 alle Bestellungen bei unseren Lieferanten ausgelöst werden konnten.
Jeder unserer aktuell vermieteten Server wurde durch unser Projektteam geprüft und bewertet. Dabei stand im Fokus, alle Towerserver auf Rack-taugliche Serverhardware umzubauen, bei denen dies technisch möglich ist.
Infrastrukturplanung & Vorbereitung
Dank der Zuarbeit durch unsere Lieferanten, konnten wir die Infrastrukturplanung gemäß unseres Meilensteinplans bereits Mitte November abschließen.
Colocation Vorbereitung
Jeder Switch verfügt über Hot-Plug fähige redundant ausgelegte Netzteile und Lüfter. Im Top of Rack Bereich bilden diese als Stack eine logische Einheit, um auch Switchübergreifende LACP Channel zu ermöglichen. Unser Konzept sieht dabei maximale Wartungstoleranz und Redundanz vor.
Noch vor unserem Zeitplan am 11.12.2024 wurde uns die Colocationfläche durch nLighten übergeben. Damit konnten wir mit den Vorbereitungen der Fläche starten.
Umzugsphase
Die Kategorisierung der Server wurde dabei wie folgt getroffen:
- Server, die nicht umgezogen werden können, da es kein passendes Ersatzsystem gibt, wo mit den Kunden eine individuelle Lösung gefunden werden muss. (80 Server)
- Server, die gegen unsere neue Miniserver Baureihe ersetzt werden können (198 Server)
- Server, die auf ein AM4 Servermainboard umgebaut werden können (184 Server)
- Server, die auf ein 2 HE Rack Gehäuse ohne Hardwarewechsel umgebaut werden können (196 Server)
- Server, die nicht umgezogen werden können, für die wir aber eine vServer Option geschaffen haben – Eco/Atom Server Baureihen (209 Server)
- Server, die bereits in ein Rack Gehäuse umgebaut waren und daher 1 zu 1 umgezogen werden können (253 Server)
In den letzten Monaten hatten wir daher mit allen Kunden einen sehr hohen Abstimmungsaufwand und haben versucht für jeden Kunden eine passende Lösung zu finden.
Unser Meilensteinplan hat dabei vorgesehen, im Januar zunächst alle Server umzuziehen, die sich bereits in einem Rack Gehäuse befunden haben, um so möglichen Lieferverzögerungen bei den Rack Gehäusen zu entgehen.
Neue Produkte
Da wir nicht für jeden Server eine passende Alternative oder einen Umzug anbieten konnten, haben unsere Entwickler während dem Start der Planungsphasen zwei neue Produkte finalisiert, die sich bereits in Planung befanden.
Mini Server
In zahlreichen Umfragen haben unsere Kunden den Wunsch geäußert, dass IP-Projects wieder günstige Einstiegsserver anbieten sollte. Bereits Mitte 2024 haben wir daher zahlreiche Lösungen am Markt gesucht und bewertet, um wieder Server deutlich unter 100 Euro brutto / Monat anbieten zu können. Dabei sind wir auf Embedded Systeme gestoßen, die über vPro als Fernwartungslösung, sowie 2x RJ45 und 2x SFP+ Netzwerkports verfügen. Wir haben daher in einer Testumgebung unseres Cages zunächst 10 Server testweise in Betrieb genommen. Nach zahlreichen Optimierungen an der Hardware und Software konnten unsere Entwickler rechtzeitig zu unseren Serverumzügen die Miniserver als neues Produkt finalisieren, dass wir eine passende Alternative für die Server anbieten konnten, welche leider nicht umgezogen werden konnten.
Neues vServer Management
Bereits seit einigen Jahren arbeiten wir an einem neuen, vollständig in das Servermanagement integrierten, Management Panel für unsere vServer Produkte. Da wir für unsere Atom- und Eco-Premium Server Baureihe leider kein preisgünstiges Ersatzsystem schaffen konnten, haben unsere Entwickler unser vServer Management Panel finalisiert und es wurde ein Servercluster bestehend aus 11 Knoten als Ersatz für diese Produktreihen bereitgestellt.
Innerhalb kürzester Zeit konnten wir so mit Übernahme der bestehenden IP-Adressen und einem Monat kostenloser Übergangszeit bereits 94 vServer als Ersatzsysteme unseren Kunden bereitstellen. | ![]() |
Das neue vServer Management bringt uns völlig neue Möglichkeiten und ist die Basis für eine Vielzahl neuer vServer Produkte, welche wir in Kürze veröffentlichen werden.
Partner & Lieferanten
Unser Rechenzentrumsumzug hätte nicht so gut funktioniert ohne unsere engagierten Mitarbeiter, Partner & Lieferanten.
Fazit
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„Als der erste Schock dieser signifikanten Preiserhöhung unseres Rechenzentrumdienstleisters FirstColo vorüber war, sahen wir die Chance einer Erneuerung. Erneuerung unserer Produkte, Erneuerung unserer Netzwerkinfrastruktur, Erneuerung unserer Serverlandschaft und darüber hinaus noch das Schaffen von völlig neuen Produkten und Dienstleistungen.
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Wir können Stolz auf uns sein, als kleines IT-Unternehmen so ein Mammutprojekt umgesetzt zu haben. Dies konnte letztlich nur dank des unermüdlichen Engagements unserer Mitarbeiter und Partner erfolgreich abgeschlossen werden.
Besonders freue ich mich jetzt auf die Zeit danach, wo wir uns wieder voll auf neue Kundenprojekte, die Überarbeitung unserer Website und das Schaffen von neuen Lösungen für unsere Kunden konzentrieren können!“
Michael Schinzel, CEO
Chapeau!
Sie und Ihr Team können stolz auf diese Leistung sein, vielen Dank auch für den sehr interessanten Bericht.
Grandiose Arbeit und hervorragende Abstimmung mit dem IPP-Team! Wir haben von dem Umzug nichts mitbekommen und hatten keinerlei Ausfallzeiten unseres Angebots zu verzeichnen (3 Server).
Hey Michael,
toller Bericht und vielen Dank das du uns auf diese Reise so eindrucksvoll mitgenommen hast. Sehr beeindruckend, was euer Team hier in kürzester Zeit vollbracht hat.
Falls du irgendwann mal Zeit findest, freue ich mich über ein Interview mit dir!